Wer erinnert sich noch an die zwei roten Backsteinhäuser in der Goosestraße direkt hinter dem schönsten Baum Gröpelingens? (Die Rotbuche wurde übrigens im Jahre 1820 gepflanzt!) Es handelte sich um Mitarbeiterhäuser der swb, die das anliegende Umspannwerk betreibt. Die schöne Idylle nahm um das Jahr 2012 ein plötzliches Ende, als erst das eine Haus und ein Jahr später das zweite plötzlich leer standen. Zur gleichen Zeit befanden sich im Umfeld drei weitere Leerstände, wodurch sich folgendes Bild ergab:
Ein Anruf mit dem verantwortlichen swb Mitarbeiter ergab, dass die swb die beiden Häuser abreißen lassen wird, da das Modell Mitarbeiterhäuser heutzutage nicht mehr tragfähig sei und die Häuser auch zu nahe an das Umspannwerk angrenzen. Der Überlegung diese dann entstehende Brache zu einem öffentlich nutzbaren Platz umzuformen, konnte der Mitarbeiter prinzipiell folgen, betonte aber auch, dass die swb sich dann nicht darum kümmern könne.
Überraschender Anruf
Etwa zur gleichen Zeit befestigte das Beiratsmitglied Dieter Steinfeld eine Nachricht für den Eigentümer der Goosestraße 134 an dessen Bauzaun und bekam überraschend einen Anruf:
"Es ist ein Privatmann aus Weyhe. Nach seiner Darstellung gab es während der Umbauphase im Jahr 2000 eine versicherungslose Zeit und in dieser Zeit ist ein Brand auf der Baustelle passiert. Seit diesem Zeitpunkt fehlen die Geldmittel zum Weiterbau. Nach seiner Aussage wurde der Baukörper nicht höher aufgestockt als das Original zuvor, sondern die Giebelseite wurde verlegt, so dass es jetzt so aussieht als ob."
Ein weiteres Telefongespräch mit dem Eigentümer deutete auf eine gewisse Bereitwilligkeit hin, eventuell mit städtischer Unterstützung an die Sanierung seines Gebäudedisasters zu gehen. Es folgten daraufhin mehrere E-Mails seitens der Sachkundigen Bürgerin im Gröpelinger Bauausschuss Christina Vogelsang an verschiedene Gremien wie die Baudeputierten, der Baubehörde und der damaligen Abteilungsleiterin für Stadtumbau - ohne je eine Antwort darauf zu erhalten.
Enttäuschende Reaktionen
Es war anfangs für mich schwer nachvollziehbar, dass niemand auf den Zug aufspringen wollte. In den Workshops für das zu entwickelnde IEK (Integriertes Entwicklungskonzept für Gröpelingen) wurde immer wieder davon gesprochen, dass auch die Eingangsbereiche nach Gröpelingen aufgewertet werden sollen. Mit der Haltestelle Goosestraße direkt um die Ecke liegt hier ein solcher Eingangsbereich vor. Langsam begriff ich, dass das IEK grundsätzlich nur Projekte aufnimmt, die am Ende auch umgesetzt sind - und deshalb besser keine heißen Eisen anfässt, die nur in jahrelange Rechtsstreits enden. Ich entschloss mich also, die Idee des Quartiersplatzes zu verfolgen und eben diesen den Behörden schmackhaft zu machen. Wenn erstmal der Platz entstanden sei, könne man ihn wohl kaum konterkarieren, indem man seine Umgebung ignoriert.
(Christina Vogelsang)
Der Zug fängt an zu rollen
Ein erster Schritt war, den swb Mitarbeiter in den Bauausschuss einzuladen und seine am Telefon übermittelte Offenheit für einen Quartiersplatz hier öffentlich bestätigen zu lassen. Der sogenannte Gebietsbeauftragte Gröpelingens, Martin Karsten, erwärmte sich schnell für die Idee und nahm den gut platzierten Artikel (große Unterstützung: Stadtteil-Redakteurin Anne Gerling und der Stadtteil-Historiker Günter Reichert) mit in die Baubehörde und überzeugte die Anwesenden, dieses Projekt mit in das IEK aufzunehmen, dem der Beirat später zustimmte.
Beginn der Planungen: bloß keine Baenke!
Unter der Leitung der Landschaftsplanerin Tanja Piening vom UBB (Umweltbetrieb Bremen) wurden Workshops für die Anwohner abgehalten, um sich mit ihren Ideen einzubringen, und anschließend dem Beirat ein Konzept vorgestellt, das auch beschlossen wurde. Allerdings, wie der Artikel zurecht anmerkte, gab es durchaus einige Bedenken.
„Grün ohne Bank“ lautet also wohl der kleinste gemeinsame Nenner, für den sich die Anwohner an der Goosestraße erwärmen könnten: „Pflegeleicht“ soll der Platz ihren Vorstellungen nach sein, „schön“, „überschaubar“ und mit Begrünung zum Umspannwerk hin, um es nicht ständig sehen zu müssen.
Weser Kurier, 29.6.2017
Die Umgestaltung beginnt
Eher aus Zufall: Willy-Hundertmark-Platz
Man muss es ganz ehrlich sagen: Dass der Willy-Hundertmark-Platz so heißt, ist eher ein Zufall, wenngleich auch ein glücklicher Zufall. Ursprünglich hatte sich das Beiratsmitglied Rainer Gäbelein dafür ausgesprochen, die neue Zuwegung Pastorenweg 96/Grüne Dockstraße Willy-Hundertmark-Straße zu benennen. Auf Antrag der Grünen aber sollte hier die Benennung nach einer Frau bevorzugt werden - und so wurde daraus die Martha-Heuer-Straße. Raimund Gäbelein ließ sich darauf unter der Bedingung ein, dann den nächsten möglichen Ort nach Willy Hundertmark zu benennen, was zufällig der kleine Quartiersplatz wurde. Der Quartiersplatz ist übrigens zunächst nur auf 15 Jahre von der swb an die Stadt verpachtet.
Was den Namen betrifft: Willy Hundertmark hat immer gesagt, ohne seine Tilla wäre er ein Nichts. Tilla würde nur nicht so gerne in der Öffentlichkeit stehen. Daher wird an dieser Stelle vom Hundertmark-Platz gesprochen, in Ehrung an ein - jeder auf seine Weise - engagiertes Paar aus Gröpelingen. Die Namensgeber sind auch deshalb so passend, weil sie sich unermüdlich für den Antifaschismus und die Rechte der Demokratie eingesetzt haben. Hans Koschnick wäre sicher stolz auf die Benennung gewesen.
Was den Namen betrifft: Willy Hundertmark hat immer gesagt, ohne seine Tilla wäre er ein Nichts. Tilla würde nur nicht so gerne in der Öffentlichkeit stehen. Daher wird an dieser Stelle vom Hundertmark-Platz gesprochen, in Ehrung an ein - jeder auf seine Weise - engagiertes Paar aus Gröpelingen. Die Namensgeber sind auch deshalb so passend, weil sie sich unermüdlich für den Antifaschismus und die Rechte der Demokratie eingesetzt haben. Hans Koschnick wäre sicher stolz auf die Benennung gewesen.
Die Einweihung
Am 24. Mai 2019 wurde der Huntertmark-Platz in Anwesenheit seiner Töchter Ulrike Lippold und Angelika Bathmann eingeweiht. Es sprach auch der ehemalige Bürgermeister Jens Böhrnsen, der Neffe von Tilla Hundertmark.
Der Platz im Jahre 2022
Heute ist der Hundertmark-Platz zu einem ganz normalen Ort im Lindenhofviertel geworden, der zu Corona Zeiten viel auch von Jugendlichen frequentiert wird. Manche Hinterlassenschaft bleibt liegen, aber das ist überall so. Die Geeststraße 132 ist saniert, die Goosestraße 61 ebenso. Wenn es nur nicht noch das eine Problem gäbe. Das Problem, mit dem alles angefangen hat. Das Problem, das seine Nachbarschaft stets überragt und nun schon seit 32 Jahren still vor sich hindümpelt.